Anmerkungen zu „Smart und fair?“ von Germanwatch

Germanwatch hatte schon im Februar 2018 eine klasse Übersicht und Beurteilung zu der Fairness von Smartphones veröffentlicht: „Smart und fair?“. Wir von FairLötet hatten allerdings in einigen Punkten eine etwas andere Sichtweise und eine der Autorinnen daraufhin angesprochen. Zusammen mit den Antworten von Germanwatch wollen wir es hier veröffentlichen.


Die Broschüre, eine übersichtliche und trotzdem nicht simplifizierende Aufstellung, ist großartig unserer Meinung nach. In einer dreiseitigen Tabelle werden das aktuelle Fairphone-Modell und das aktuell lieferbare Shiftphone (neuere Modelle sind auch jetzt lediglich vorbestellbar) mit den, am Jahresbeginn noch aktuellen, konventionellen Modelle des iPhone von Apple und des Galaxy von Samsung übersichtlich verglichen. Der Vergleich erfolgt anhand sozialer und ökologischer Kriterien mit besonderem Schwerpunkt auf die Reparierbarkeit in einem Ampelsystem.

Wenn man grün als „vorbildlich“, gelb als „branchenüblich“ versteht und wenn rot grundsätzlich auch für „keine Informationen“ vergeben wird, sehen wir folgende Punkte aber anders:

  • Unter „Softwareupdates lange verfügbar“ müsste das iPhone unseres Erachtens besser abschneiden. Uns ist kein Android-Telefon bekannt, wo man nach 4 Jahren noch Updates bekam, bei iOS passierte das durchaus. Das Fairphone 2 ist jetzt schon veraltet. Beim Shiftphone weiß man noch nicht was passiert, aber sie sind ebenso wie Fairphone abhängig von Betriebssystemaktualisierungen von Google einerseits und dann fehlenden Treiberaktualisierungen der Hardwareproduzenten andererseits. Eine Eigenentwicklung kann sich auch Shift nicht leisten.
  • Ein Samsung- oder Apple-Gerät mit passenden Ersatzteilen repariert zu bekommen erscheint uns – auch mit iFixit-Hilfe im Do-it-yourself – deutlich wahrscheinlicher als bei Fairphone und Shift, wo immer nur vom Display die Rede ist. Dies zu sagen ist schon etwas unfair, denn es gibt viele Reparaturläden, die bei Fairphone und Shift nur die Schulter zucken würden, hingegen bei den konventionellen Anbietern auf reichlich Erfahrung und Lagerbestand zurückgreifen werden. Das ist – wie schon im Punkt vorher – das Schicksal der Kleinanbieter.
  • Das grün bei Konfliktfreiheit für iPhone und Fairphone empfinden wir als angemessen, bedeuten aber zwei verschiedene Dinge: Apple sagt in ihrem diesjährigen Supplier Report, alle Zulieferer von Konfliktrohstoffe seien „participating in independent third-party audits“. Fairphone deckt hingegen nicht alle Zulieferer ab, hat aber pro Konfliktrohstoff je ein Programm aufgesetzt. Das Besondere bei denen ist, dass weiterhin gezielt aus Kongo und Nachbarländern bezogen wird. Bei Apple kann es aus jedem anderen, sowieso konfliktfreien Gebiet kommen.
  • Bezüglich der „Veröffentlichung der Schmelzen“ (gemeint sein können nur die Konfliktrohstoffe) stimmt es, dass Apple es tut. Es ist aber in USA Branchenstandard, denn sie sind gesetzlich dazu verpflichtet. Hätte also nur ein gelb verdient. (Anmerkungen: Vom dort grünen Fairphone gab es im Februar noch gar keine solche Liste, inzwischen wurde sie aber veröffentlicht, eine enorme Leistung für ein so kleines Unternehmen. Vom dort roten Samsung hingegen gab es sie schon im Februar, das reichte aber wohl leider nicht für den Redaktionsschluss.)
  • Bei Transparenz bekommt iPhone im Bericht ein gelb und Fairphone ein grün. Apple hat aber 98% des Einkaufsvolumens all ihrer Produkte (nicht iPhone X im speziellen) veröffentlicht inklusive Nennung der tatsächlichen Fabriken. Das ist gewiss nicht Branchenstandard. Fairphone setzt sich von Apple vor allem dadurch ab, dass sie die beiden Auditberichte 1:1 veröffentlicht haben. Die Produktionsstätten kennt Fairphone aber augenscheinlich nur lückenhaft, in sofern fällt es hinter Apple zurück, hat ein grün unseres Erachtens aber dennoch verdient.
  • Bei Shiftphone steht in der Aufstellung: „In Bezug auf Transparenz über diese Bemühungen sowie ein die gesamte Lieferkette umfassendes Engagement hat Shift allerdings noch Nachholbedarf.“ Da stimmen wir zu, wir haben aber ernste Probleme vor allem mit der Nachweiskraft der Behauptungen von Shift, z.B. dem „Verzicht auf Coltan“. iPhone bekommt z.B. ein rot bei den Arbeitsrechten wegen der vielen Undercover-Berichte und der eigenen Berichterstattung über Verstöße. Shiftphone berichtet gar nichts, veröffentlicht nur ein Memorandum of Understanding, hält sogar einen angeblich durchgeführten Auditbericht aktiv zurück und hat zu ihrem Glück keine Undercover-Berichte – das Glück der Kleinanbieter – und bekommt dafür schon ein gelb. Das finden wir zweifelhaft.
  • Dass Shiftphone ein gelb wegen „100% erneuerbare Energie in der deutschen Zentrale“ bekommt ist witzig, wenn man weiß, dass es nur ein Wohnzimmer betrifft. Fairphone bekommt für ihre Büroetage korrekt ein rot wegen fehlender Information, liegt aber in Amsterdam mit sowieso besserem Energiemix als in Deutschland. Über die Lieferkette sagt beides nichts, obwohl das der wesentliche Bilanzteil wäre.
  • Galaxy bekommt rot zum Thema Chemikalien, allerdings sind Samsung-Chips wegen Marktführerschaft in allen möglichen Geräten drin, vermutlich auch in den anderen hier analysierten. Hier wird Samsung Electronics als Gerätehersteller vermischt mit Samsung Semiconductor als Halbleiterproduzent.
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